Der Nesshof blieb danach noch bis 1632 im Besitz des Harsefelder Erzabtes. Dann übergab der protestantische Bremer Erzbischof Johann Friedrich, der nach dem Abzug der kaiserlich-katholischen Truppen aus dem Erzstift wieder mit schwedischer Hilfe die politische Macht in seinem Territorium erlangt hatte, diesen Nesshof mit den dazugehörigen abgabepflichtigen Bauern (6 Kötnern) „dem Königlich-Schwedischen Herrn Legaten Doctor Johann Adler Salvius“ für dessen Verdienste. Im Jahr darauf bestätigten die auf dem Landtag in Basdahl versammelten Landstände (hohe Geistliche, der Landadel sowie Vertreter der Städte Stade und Buxtehude) diese „Donation“ (Geschenk). Hintergrund war die beabsichtigte Auflösung der katholischen Klöster in Harsefeld und Stade. Nach dem Friedensschluss am Ende des 30-jährigen Krieges 1648 erhielt Salvius von der schwedischen Königin Christine sogar den gesamten Klosterbesitz „erbeigentümlich“. Die neue Bezeichnung für diesen Besitz war nun „Herrschaft Harsefeld“.

Nach Salvius' Tod 1652 wurde die Herrschaft Harsefeld dem französischen Gesandten in Hamburg, dem Herrn Baron Peter Bidal übertragen - als Gegenleistung für den Erlass der Schulden, die die Königin bei dem französischen Bankier und Großkaufmann hatte. Königin Christine von Schweden erhob ihn in den schwedischen Freiherrenstand und verlieh ihm den Titel „Pierre Bidal, Baron d' Asfeld“.

Bei dem feierlichen Amt des Herrschaftswechsels in Harsefeld am 24.4.1654 waren als untertänige Großbauern aus dem Alten Land dabei: Heinrich Feindt. Heinrich Claus Felde, Johann Ficke, Johann zum Felde, Claus Lammers, der Vogt Albert zum Felde und einige andere namentlich nicht erwähnte. 1666 wird ein „harsefeldischer Voigt zu Guderhandt Viertell“ erwähnt, vielleicht Vogt Albert zum Felde auf dem Nesshof ?

Überliefert ist, dass die Altländer sich häufig widerspenstig zeigten bezüglich der abzuliefernden Abgaben, denn sie bestanden darauf, dass sie ihre Ländereien im Unterschied zu den Geestbauern „eigenthümlich“ besäßen. Die Pastoren in Steinkirchen und Neuenkirchen wurden aufgefordert, die Leute von der Kanzel herab, an ihre Pflichten zu erinnern. Es wurden dann auch Musketiere auf die Höfe geschickt. Da es dem Baron Bidal letztlich ums Geld und nicht um irgendwelche Rechte ging, bestand die Einigung darin, dass viele Altländer Bauern sich von der zu zahlenden „Hauer“ (= Pachtzins) bzw. Zehnt mit einer bestimmten Summe auf 50 Jahre frei kauften. Das Geld konnten sie aufbringen, da sie „eine Zusatzeinnahme wegen der guten Gegend an Obst und anderen Sachen, welche sie täglich nach Hamburg brachten,“ hatten.

In den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts bildete Schweden eine „Reduktionskammer“, die alle verschenkten und veräußerten Ländereien wieder in königlichen Besitz bringen sollte. Bis 1690 zogen sich Streitereien hin, die Harsefelder Güter wieder zu königlich-schwedischen zu machen. Das Amt Harsefeld wurde als untere Verwaltung- und Gerichtsinstanz eingerichtet. Die niedere Gerichtsbarkeit in Guderhandviertel und Steinkirchen unterstand dem Gräfengericht in Jork. Der Einzug der Steuern, Abgaben und Zehnten im Alten Land wurden dem Amt Stade-Agathenburg zugeordnet. 1780 wird z.B. berichtet, dass von Zehntpflichtigen in Steinkirchen 400 Reichstaler an das Amt in Agathenburg zu entrichten seien.- der Zehnt stand hier bis zum 30jährigen Krieg dem Kloster Harsefeld zu.

Das noch im 16. Jahrhundert auf dem Nesshof tätige Siedest(=Unter-)gericht an der Lu war nachweislich noch bis zur Franzosenzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts tätig: Zuständig war es vor allem für leichtere Körperverletzungen, Vormundschaftsangelegenheiten usw. Ob dieses Gericht aber immer noch auf den Nesshof bezogen war, lässt sich nicht nachweisen. Als 1832 die Niedergerichte im Alten Land beseitigt wurden, ist laut einer zeitgenössischen Aufstellung über den vorangegangenen Zustand vom Gerichtsort „Nesshof“ nicht mehr die Rede.

Ebenso wenig ist bekannt, wann der Nesshof - insgesamt oder aufgeteilt - in den erblichen Besitz einer Altländer Bauernfamilie gelangte. Den südlichen Teil des Nessbogen besaß Mitte des 19. Jahrhunderts Jakob Schliecker, wohnhaft Nessstraße 44. Dieser Hof ist bereits in einer Karte aus dem Jahr 1781 eingezeichnet.

 

 

Im Nordischen Krieg Dänemarks, Russlands und Sachsen-Polens gegen Schweden 1700 – 1719 wurden an der Grenze zu Dänemark, die in der Mitte der Elbe verlief, schwedische Regimenter stationiert. Zusätzlich wurde unter dem Maior von Müller, dem Gutsherrn des Nesshofes, eine Landmiliz aus Altländern aufgestellt. Sicherlich hatte der in schwedischen Heer aufgestiegene Offizier Müller den Nesshof zur Verwaltung übertragen bekommen. Nachdem die Herzogtümer Bremen und Verden 1712 zu Dänemark und dann 1715 zu Hannover kamen, ist gewiss dieser Major nicht mehr der Verwalter geblieben.

 

Im 19. Jahrhundert war dann die Familie Bey, die auch in Twielenfleth, Steinkirchen, Hollern, Neuenkirchen und Ladekop als Hofbesitzer nachweisbar ist, Eigentümer des Nesshofes an der Nessstraße 32. Auf einer in die neue Altländer Pforte von 1954 oben eingefügten alten Inschrift findet sich die Angabe: „Claus Bey A(nn)o 1844“: Ob das Datum 1844 das Jahr der Errichtung der Pforte angibt oder den Beginn des Eigentums am Nesshof, bleibt unklar.

 

Hinrich Pickenpack, der 1826 in Jork als Sohn des Brenners und Brauers Hinrich und Engel Pickenpack geboren wurde, heiratete im Alter von 21 Jahren 1847 in Guderhandviertel auf dem Nesshof die knapp sieben Jahre ältere Erbtochter Metta Schliecker (*1819).

 

Dass Hinrich eine ältere, schon 27-Jährige zur Frau nahm, lässt darauf schließen, dass diese Ehe eingefädelt wurde, um Hinrich eine „gute Partie“ zu besorgen. Der Vater von Metta Schliecker war Jacob Schliecker, ein „Hausmann“ (d.h. ein eigenständiger Besitzer eines großen Hofes) an der Nessstraße 44. Ein älterer Bruder von Metta Schliecker erbte den väterlichen Hof, während Metta vom Nachbarn, dem Hausmann und Eigentümer des Nesshofes an der Nessstraße 32, Claus Bey, als Tochter „angenommen“ (adoptiert) wurde, da er keine Kinder hatte. Metta Schliecker brachte den Nesshof bzw. die Anwartschaft darauf in ihre Ehe mit Hinrich Pickenpack ein.

 

Am 18.7.1847 wurde in Guderhandviertel auf dem Nesshof die Ehe zwischen Hinrich Pickenpack und Metta Schliecker vollzogen. Ob Hinrich Pickenpack bald nach der Eheschließung den Hof übertragen bekam, wie es im Alten Land die Regel war, oder erst später, ist nicht überliefert. Für das „später“ spricht, dass noch im Jahr 1864 ein Hofbesitzer Bey (vielleicht als Altenteiler) in Guderhandviertel in den Quellen überliefert ist.

 

Der Sohn Jakob Pickenpack, der am 20.11.1850 als erster Pickenpack auf dem Nesshof geboren wurde, bekam im Jahr seiner Eheschließung 1880 mit der Bauern- bzw. Gutsbesitzerstochter Anna Katharina Wilckens aus Agathenburg den Nesshof übertragen.

 

Jakob und Anna Pickenpack hatten fünf Kinder: Meta *1881, Johanne *1883, Hinrich *1885, Hans *1888 und John *1890. Als sie auf dem Hof heran wuchsen und als Metas Konfirmation anstand, mussten sie eine Katastrophe mit ansehen: Im März 1896 brannte das Hauptgebäude des Nesshofes, das alte Altländer Bauernhaus ab.

 

Ein Neubau, aus Altländer Ziegeln gemauert und mit Schindeln gedeckt, war schon vor dem Brand geplant worden, denn die Wohnsituation entsprachen nicht mehr den gewandelten höheren Ansprüchen. 1897 konnte der Neubau mit den damals üblichen hohen und repräsentativen Wohnräumen und mit einer Altenteilerwohnung im Obergeschoss errichtet und bezogen werden. Der ursprünglich unter dem gleichen Dach befindlich Stallteil wurde getrennt vom Hauptgebäude an der Rückseite erbaut.

 

Der älteste Sohn Hinrich, der am 23.11.1923, kurz nachdem die galoppierende Inflationszeit zu Ende gegangen war, die Bauerntochter Martha Rieper aus Mittelkirchen heiratete, bekam 1925 den Hof überschrieben.